Dienstag, 5. März 2013

Kleine Einblicke nach Afghanistan

Asche ueber mein Haupt. Ich habe etwas falsches geschrieben. Die Tadschiken sind mehrheitlich doch Sunniten. Schiiten gibt es vor allem in der autonomen Provinz Berg Badachschan, also im Pamir-Gebirge. (Es soll ja ein islamwissenschaftlich korrekter Blog sein.)

Wollt Ihr noch mehr ueber Tadschikistan wissen? Ich hab da leider nicht viel recherchiert, weil ich hier vor allem mit vorwaerts kommen beschaeftigt war. Aber es gibt da jemanden, der weiss bescheid, wie kein zweiter.

Lasst uns den Scholllator befragen ...


 Also, stellt Euch dramatische Musik vor, orientalisch angehaucht ...
Und jetzt die rauhe, bruechige Stimme des Scholllators: 


"Tadschikistan ist ein gescheitertes Land. Ein Land von bitterer Armut, ein Land in dem die Korruption grassiert. Ich bereise diese Gegend schon seit 165 Jahren. Die Infrastruktur hat sich seither kaum verbessert. Die Wege vom Pamir-Gebirge in die Hauptstadt Dushanbe sind holprig, mit Schlagloechern durchsaet, werden immer wieder von kleinen Baechen durchbrochen. An ein oeffentliches Bus- und Bahnsystem ist nicht zu denken. 

Die Tadschiken sind eines der aermsten Voelker der ehemaligen Sowjetunion. Die Arbeitslosigkeit ist immens hoch und wer einen Job hat, verdient kaum mehr als 80 Euro im Monat. Das Land leidet zudem an einem starken Maennermangel. Durch den Buergerkrieg in den 90er Jahren und die zunehmende Arbeitsmigration nach Russland kommen heute auf einen tadschikischen Mann sieben Frauen. Die Frauen muessen hart in der Landwirtschaft arbeiten. Sie sind das Rueckrat der ohnehin schwachen tadschikischen Wirtschaft. Polygamie ist weit verbreitet. Bodenschaetze gibt es kaum, ausser Wasser. Tadschikistan versucht zwar auf Wasserkraft zu setzen, doch es gibt Konflikte mit dem grossen Nachbarn Usbekistan, vor allem wegen des Baus eines Stausees.

Als ich Tadschikistan das erste Mal in den 20er Jahren bereiste, war das Strassenbild ein voellig anderes. Heute blickt man vor allem in asiatische Gesichter. Die ohnehin wenigen Russen haben sich zurueckgezogen. Der Islam ist die vorherrschende Religion. 

Der weisse Mann hat an Einfluss verloren. Europa ist mit sich und seiner Finanzkrise beschaeftigt, die USA konzentrieren sich auf Kasachstan und das Geschaeft mit dem Erdoel. Laengst bestimmen andere die Geschaefte hier in Tadschikistan. Jede Woche faehrt ein Truck aus China durch das Pamirgebirge, der Besitzer des besten Restaurants in Khorog ist ein Inder.

Praesident Emomalii Rahmon indes geriert sich wie ein Sultan, arabischen Stils. In der Hauptstadt Dushanbe ist er ueberall auf riesigen Plakaten zu sehen. Dort dominieren prunkvolle Palaeste das Stadtbild, sowie die weltweit groesste Flagge. Wenn man seinem Volk nichts zu bieten hat, dann demonstriert man anderweitig Groesse. Mit harter Hand unterdrueckt der Praesident die Opposition. Zwar ist er ein Garant fuer Frieden und Stabilitaet, doch wirtschaftlich hat der das Land kaum vorangebracht. Tadschikistan bleibt ein Entwicklungsland. Eine der Haupteinnahmequellen ist das Geschaeft mit den Drogen. Taschikistan ist das Einfallstor zu den Drogenrouten von Afghanistan in den Westen..."

Und so weiter und so fort.
Es geht doch nichts ueber eine messerscharfe Analyse ;-)



Ich habe mir in Khorog ueberlegt: Was koenntest du nun selbst recherchieren, welches Thema koenntest du hier angehen? 

Vielleicht mache ich etwas zu den Gefechten in der Stadt vor einigen Monaten? Autonome Rebellen hatten da einen hohen Offizier erstochen. (Berg Badachschan ist eine Provinz, die dem Praesidenten ab und an Aerger bereitet.) - Hm ... das Thema koennte schwierig werden ...

Oder das Standardthema, das die meisten Journalisten hier machen: Was passiert, wenn die NATO aus Afghanistan abzieht: Ist der unmittelbare Nachbar Tadschikistan ein stabiler Puffer, sind die Grenzuebergaenge sicher? - Hm ... was koennte ich da genau dazu beitragen? Die Leute hier mitspekulieren lassen? An einen Grenzuebergang fahren und dann versuchen zu beurteilen, wie talibanfest er ist? - Och noe ...

Oder Drogen? - Au ja, lasst uns Drogen suchen gehen...

Ich habe mich also am Samstag morgen auf den Weg gemacht.
Es war ein sonniger Tag in Khorog ... 





Hier ueberquere ich die Bruecke des Gunt River. Wenige Kilometer flussabwaerts bildet er die natuerliche Grenze zu Afghanistan.

Nach einer Stunde Fussmarsch habe ich dann auf der afghanischen Seite eine Schneise in der Gebirgskette gesehen - ein Grenzuebergang ...


Und jetzt kommt der Hammer: Die Afghanen sind durch diese Schneise einfach so heruebergekommen, ueber eine Bruecke - zu einem "Samstagsmarkt". Angeblich verkaufen sie den Tadschiken Kleidung, Tee und Gewuerze. 

Alles klar, dachte ich mir, das wollen wir uns doch mal genauer ansehen...

  


Die Afghanen sind sehr fotografierfreundlich...



Da ist er doch ...


wer genau - muss ich noch herausfinden.

Aber da! Da haben wir den Beweis!
 
 Marihuana!


Heroin!


Kokain!


Und es kommt noch dicker. Ich habe den Weg der Drogen weiterverfolgt und bin wieder zurueck nach Khorog gefahren. 

Da ist mir diese verdaechtige Markthalle aufgefallen. 
Hier verkaufen nur Frauen, sehr verdaechtig ...
 

Hier werden die Drogen weiterverarbeitet und ganz geschickt getarnt.



 z.B. werden sie in bunte Kapseln gesteckt...
 




oder zu Spiralen verpresst...
 




Selbst das ist nicht das, was es auf den ersten Blick zu sein scheint ...
 


Ich weiss noch nicht genau, was ich mit diesem brisanten Material machen werde ...
 
 
 
 
Erst einmal bin ich zuerueck zu meiner Herberge in Khorog. Dort musste ich mich um etwas anderes kuemmern. Meine Gastoma empfing mich: "Dovoooooj posmatriiiiiiim pamiiiiirski dooooom." Sie wollte mir ein Wohnhaus im Pamirstil zeigen, das Haus des schiitischen Gemeindevorstehers...

Alles klar - lasst uns mal hineinschauen ...
 



Der Gemeindevorsteher mit typischer tadschikischer Kappe...
 



Ach ja, Khorog war schon ein echt schoener Stopp. Etwas komisch war nur, dass ich der einzige Auslaender auf weiter Flur war, jedenfalls habe ich niemanden sonst getroffen, ach ja, ausser den Inder im Hotel und Restaurant "Delhi Darbar"...
 
Am naechsten Tag habe ich mich dann auf den Weg in die tadschikische Hauptstadt Dushanbe gemacht. 16 Stunden Fahrt. Allerdings hat diese Fahrt alle vorherigen Fahrten getoppt. Speeeektakulaer! Einen grossen Teil der Strecke sind wir am Grenzfluss entlanggefahren. Links ist Afghanistan, rechts Tadschikistan.
 



 Der Blick von meiner Rueckbank... 
 


 Ein afghanisches Dorf...
 



afghanische Haeuser herangezoomt...




Da! Zwei Maenner mit einem Esel laufen ueber einen Bergpass. Da frag ich mich doch wirklich, ob Deutschlands Sicherheit noch gewaehrleistet ist...


Die Afghanen hatten echt verdammt enge Bergpaesse auf ihrer Seite.
Mein tadschikischer Sitznachbar sagte: "Die laufen den ganzen Tag lang hin und her, von einer Siedlung zur naechsten. Ich habe mit denen gesprochen, das macht denen nichts aus, das ist deren Mentalitaet."


Unser Fahrer hatte soweit alles im Griff

 
Was faellt einem noch dazu ein: Carglas repariert, Carglas tauscht aus ;-)
 
 
Ein alter Bekannter ...

 
 
Abdulaziz, mein Chaosfahrer aus Murgab!


Aus der Baaaaaahn, oder auch nicht ...
 


16 Stunden spaeter, nachts um zwei, bin ich dann in Dushanbe angekommen ..

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